In Kaliningrad fanden Feiern zu Ehren des großen Philosophen statt
Die Veranstaltungen zum Andenken an den großen Philosophen haben in der Region Kaliningrad vom 19. bis 22. April stattgefunden. Natürlich ist der wichtigste Tag im Kalender der jährlichen Kant-Treffen der 22. April. Und das Zentrum der Anziehungskraft ist der Dom auf der Insel, neben dem das Mausoleum steht, wo die Gebeine Kants ruhen.
Zum Geburtstag des Philosophen wurde im Dom zunächst eine Neuigkeit präsentiert, eine interaktive Führung „Auf der Suche nach Kant“. Diese Spaziergänge sollen ab jetzt jeden Sonntag um 12 Uhr angeboten werden. Bei dieser ungewöhnlichen Führung, so die Autoren, kann man das Namensgeheimnis des Philosophen lüften, das Rätsel seiner Langlebigkeit lösen, Interessantes aus der Geschichte seiner Stadt erfahren und unsere Zeitgenossen kennenlernen, die die Gegenwart kreieren, indem sie die Vergangenheit erschaffen.
Um 15 Uhr wurde im Dom die Ausstellung „Kant und die Familie Keyserling“ eröffnet. An der Eröffnungszeremonie nahm ein Vertreter dieser berühmten Familie teil, Professor Dr. Diedrich Graf von Keyserlingk. Die Exposition widmete sich dem Andenken an Graf Heinrich Christian und Gräfin Caroline von Keyserlingk. Übrigens war die Gräfin die einzige Frau, die in den Werken des Philosophen-Junggesellen erwähnt wurde…
Weiter folgte eine Festsitzung mit weisen Reden und schöner Musik, dann wurden Blumen an das Kant-Grab niedergelegt. Und schließlich begaben sich alle zum „Bohnenmahl“.
Diese Tradition ist schon über 200 Jahre alt. Kant liebte es, die Zeit in guter Gesellschaft an der Tafel mit ruhigen klugen Gesprächen zu verbringen. Im Jahre 1805, ein Jahr nach seinem Tod, beschlossen seine Freunde, diese „philosophischen Tafelrunden“ fortzusetzen und sich am 22. April zu versammeln. Dabei musste immer ein wichtiges Thema erörtert werden. 1814 schlug der Astronom Friedrich Wilhelm Bessel ein originelles Wahlverfahren vor, um den nächsten Redner zu bestimmen. Seitdem wurde in ein Stück Kuchen, das zuletzt serviert wurde, eine silberne Bohne eingebacken. Wer sie auf dem Teller fand, wurde der Bohnenkönig, der das Thema der nächsten Zusammenkunft zu bestimmen und einen Vortrag dazu vorzubereiten hatte. Die Gesellschaft der Freunde Kants hieß fortan die Bohnengesellschaft, und die Tafelrunde am Geburtstag des Philosophen bekam die Bezeichnung „das Bohnenmahl“
Im vorigen Jahr hatte die Kaliningrader Künstlerin Nelly Smirnjagina die Silberbohne erhalten. Sie als Bohnenkönigin hielt also die Festrede (Auszüge aus ihrem Vortrag „Die Energie der Gedanken“ siehe unten). Zuerst aber gab es eine musikalische Darbietung. Entsprechend eingestimmt wurde das Publikum von Wolf Sebastian Töttcher (Cello, Deutschland) sowie Studenten des regionalen Rachmaninoff-Musikkollegs Mstislav Stepanchev (Cello), Ewgenij Moissejew (Balalaika) und Egor Serebro (Knopf-Akkordeon). Eine der Musiknummern unserer Jungs wirkte so zündend, dass der deutsche Generalkonsul in Kaliningrad Dr. Michael Banzhaf, der danach die Bühne betrat, regelrecht in Verlegenheit geriet, man könne auch von ihm eine heiße Nummer erwarten, etwa dass er Kasatchok tanze…
Getanzt hat er nicht, sondern sprach sehr gefühlvoll über Kant, der uns alle vereint. Auch der Vorsitzende der Kaliningrader Abteilung des Russischen Schriftstellerverbandes Boris Bartfeld rief dazu auf, alles dafür zu tun, den in sechs Jahren kommenden 300. Jahrestag des Philosophen würdig zu feiern. Übrigens ist Bartfeld auch Leiter der Gesellschaft „Freunde des Bohnenkönigs“, welche auf unserer Seite die Kant-Treffen organisiert. Der zweite Organisator ist die internationale Gesellschaft „Freunde Kants und Königsbergs“. Ihr Vorsitzender Gerfried Horst betonte, dass die Reihen der Kant-Bewegung immer breiter werden: unter jenen, die Kant zu Ehren nach Kaliningrad kamen, war sogar eine Repräsentantin aus einem so fernen Land wie Bolivien!
Abschließend wurde der traditionelle „Überraschungskuchen“ aufgetragen. Diesmal hat die Vorsitzende des regionalen öffentlichen Kulturfonds Nina Peretjaka die Bohne auf ihrem Teller entdeckt. Also erwartet uns auch im nächsten Jahr das Bohnenmahl nicht mit einem König, sondern mit einer Königin.
ZITATE
Kant mit uns? Gott mit uns!
Aus der Bohnenrede der verdienten Künstlerin Russlands Nelly Smirnjagina:
„Immanuel“ bedeutet übersetzt aus dem Hebräischen „Gott mit uns“. Zwanzig Jahre seines Lebens trug Kant den Namen Emanuel. So haben ihn seine Eltern genannt. Aber nach zwanzig Jahren hatte er seinen Namen umgeändert. Immanuel ist Gott mit uns, so ist auch die Wahrheit mit uns und auch das Licht. Ein großer Sinn steckt im Namen von Kant. Kant war erleuchtet, er war der Himmel, seine Gedanken waren groß und mächtig und schöpferisch. Er erinnerte gern an Pythagoras und sagte zu seinen Schülern: „Ihr könnt eine neue Sonne entzünden, doch ihr könnt auch eine neue Finsternis erzeugen, so ist das Gesetz der Zusammenwirkung von Gedanken und Raum“.
Die Gedanken Kants schweben im Informationsfeld, in der Schatzkammer der Weisheit, denn von allen Energien ist die Gedankenenergie die größte, sie wird schöpferisch auch über die Grenzen der Erde hinaus.
Gedanken sind wie Vögel – sie bewegen sich von selbst. Manchmal passiert es, dass in unsere Himmel die Gedanken von Menschen einfliegen, die sich um uns herum befinden, ungeachtet der Zeit und des Raumes, und manchmal betreten unsere Gedanken ihre Himmel…
URL: https://www.kaliningrad.kp.ru/daily/26823/3860383
Übersetzung: Svetlana Kolbanjowa
© 2018 Vladislav Rzhevskij