Andrej Silber
Wiss. Mitarbeiter der Academia Kantiana, Kant-Universität zu Kaliningrad
21. April 2018
Unsere Universität und insbesondere die Kant-Forscher der Universität begrüßen die Pläne und die laufenden Arbeiten zur Wiederherstellung der kantschen Gedenkorte in Wesselowka (Judtschen) und Kurortnoje (Groß Wohnsdorf). Die Bemühungen des Kaliningrader Kunsthistorischen Museums, die Hilfe des Präsidentenfonds, der Enthusiasmus der „Gesellschaft der Freunde Kants und Königsbergs“, des Mäzens Herrn Sosinow sowie jener Journalisten, die von Anfang an das Publikumsinteresse zu Wesselowka geweckt haben sind insgesamt sehr wertvoll.
Das ist ein sehr gutes Vorhaben, irgendwann in Wesselowka ein Museum der Einwanderer zu schaffen, das von der Geschichte der Besiedlung des ländlichen Ostpreußens im 18. Jahrhundert, und später des Kaliningrader Gebietes zur sowjetischen Zeit, erzählen wird, auch darüber, welche Probleme damals existierten.
In Bezug auf Groß Wohnsdorf – die Biografen bemerken, dass Kant nicht zu sehr die erhabene Ästhetik des stürmischen Meeres mochte, sondern lieber die gemütlichen Wälder, Wiesen und kleine Flusstäler bevorzugte. Es gibt am Fluss Alle gleich zwei kantsche Orte, wo Kant in seinen Jugendjahren gewesen war. Einer davon liegt in heutigen Polen, stromaufwärts, wo der Fluss nicht so malerisch ist. Das ist das Dorf Jarnoltowo, ehemals Groß Arnsdorf. Hier war Kant etwa 1750-1754 als Hauslehrer der drei Söhne von Major von Hülsen tätig. Der Landsitz ist während des Zweiten Weltkriegs abgebrannt. 1990 wurde am Gebäude der örtlichen Schule eine Gedenktafel über die Tätigkeit von Kant in diesem Ort angebracht.
Der zweite Ort ist eben Groß Wohnsdorf, der Landsitz der Freiherren von Schrötter. Eine kleine Laube am Ufer des Flusses war unter den Ortsbewohnern noch im 20. Jahrhundert als „Kantlaube“ bekannt. Gerade diese Laube gehörte zu seinen Lieblingserinnerungen im hohen Alter, er erinnerte sich der Sommermorgen im Sommerhäuschen in Gesellschaft des Hausherren sowie des Generals von Lossow. Man kann davon ausgehen, dass Kant in diesem Landsitz mehrmals zu Besuch war, auch in den späteren Jahren, und war dadurch zu einigen seiner bekanntesten Ideen inspiriert… In diesem Zusammenhang hat Herr Sosinow an diesem Ort ein gerechtfertigtes Vorhaben, Kant als Menschen vorzustellen. Dennoch ist das Leben Kants ziemlich eng mit seiner Philosophie verwoben, es wäre falsch, diese getrennt voneinander vorzustellen. So war der Sohn des Hausherrn mit Kant befreundet und wurde später Minister, er war ein Teilnehmer der preußischen Reformen, die Kant, sozusagen, vorausgesagt hat…
Die Universität ist ein Zentrum der wissenschaftlichen Kommunikation, ebenso wie ein Museum, aber auch viel mehr, als ein Museum. Für die Universität sind diese Orte vor allem als Tagungslokationen interessant: nicht nur für Seminare und Kolloquien, sondern auch für Sommer- und Winterschulen für Studenten und Schüler. Deshalb hoffen wir sehr auf die künftige Entstehung, spätestens zum Jubiläumsjahr 2024, einer Infrastruktur für solche Tagungen. Dabei soll nicht lediglich ein weiteres kleines Museum, wie das Hermann-Brachert-Museum in Otradnoje/Georgenswalde, entstehen, sondern ein bedeutendes aufklärerisches Zentrum. Im Kaliningrader Gebiet sind solche Orte zu rar. Außer Kaliningrad gibt es jetzt eigentlich nur einen einzigen Tagungsort für regelmäßige Konferenzen, das ist Swetlogorsk/Rauschen. Das ist ein weiterer Beweis, wie ungleichmäßig unser Kaliningrader Gebiet entwickelt ist. Die Gäste und die Teilnehmer solcher Tagungen und Veranstaltungen werden durch ihre Referenzen, Fotos, Eindrücke sicherlich die Vorteile der neuen Kant-Gedenkstätten weiter verbreiten und diese popularisieren.